Von Thomas von der Osten-Sacken, Mena-Watch, 19.01.2017
In Syrien ist etwas Ruhe eingekehrt, der von Russland vermittelte Waffenstillstand hält, da auch die Türkei eine Kehrtwende in ihrer Syrienpolitik vollzogen hat. In Kürze wird es Friedensgespräche in Kasachstan unter Ägide Russlands, des Iran und der Türkei geben zu denen weder die USA noch die EU eingeladen sind. Der Westen, so die Botschaft, hat im Nahen Osten nichts mehr zu melden. Drei Staaten, die sich alle eigentlich als imperiale Reiche verstehen und stolz sind, das Erbe von Imperien angetreten zu haben, versuchen nun – Great Game 2.0 – die Region unter sich aufzuteilen. Und das ohne Teilnahme auch nur eines arabischen Staates: Saudi Arabien, das jahrelang in allen Konflikten mitmischte, steht außen vor. Die Araber schauen einmal mehr zu, wie über ihre Zukunft entschieden wird. Soviel auch zu ihrem antiimperialistischen Kampf – nun hängt ihr Schicksal ab von Moskau, Teheran und Ankara.
Und wie es aussieht haben die auch ganz konkrete Pläne: Syrien wird vorläufig aufgeteilt in ein Gebiet, dass der Iran und Russland – zumindest solange, wie zwischen beiden keine offenen Konflikte auftreten – kontrollieren werden, und in dem Assad als einflussloser Satrap weiter in Damaskus auf dem Präsidentenstuhl wird sitzen dürfen. Aus dieser Region werden die Sunniten, die noch nicht geflohen oder gestorben sind ausgesiedelt und Schiiten aus Irak, Afghanistan und anderswo angesiedelt. Was längst schon alltägliche Praxis ist, wird dann offiziell sanktioniert: Eine demographische Neuordnung, die an jene Massenumsiedlungen nach Ende des 1. Weltkrieges in der Region erinnert.
Irgendwo müssen die sunnitischen Araber, die ja immerhin ca. 70% der syrischen Bevölkerung ausmachen hin, Millionen hat man zwar schon über die Grenzen gejagt und zu Flüchtlingen gemacht, aber Millionen leben noch immer in Syrien. Also wird es unter türkischer Oberaufsicht wohl eine Sunniten-Enklave in und um Idlib geben: eine Art Schutzzone, in der – wie heute schon in einigen nordsyrischen Städten, Jarablus etwa – Ankara de facto die Kontrolle ausüben wird und dafür garantieren, dass keine Rebellen mehr die iranisch-russischen Enklaven angreifen.
So in etwa soll die koloniale Neuordnung Syrien aussehen. Die USA und EU werden dankbar für die Ruhe und Stabilität sein, die dann einkehrt, selbst wenn jetzt schon klar ist, dass diese Ruhe eine trügerische sein wird, und der Konflikt in Syrien könnte sogar vorläufig eingedämmt werden.