Keep Kurdistan Green

Weite Teile des Nahen Ostens leiden unter sehr drängenden, ja existenziellen, Umweltproblemen. Die gnadenlose Hitze, der sich verschärfende Wassermangel – es geht um nicht weniger als die Frage, ob Menschen hier in 20 Jahren noch werden leben können. Gleichzeitig gibt es noch wenig Vorstellung von Dingen wie Umweltschutz, Ressourceneinsparung und angepassteren Lebensweisen. Es ist wie so oft: die Menschen begreifen sich zunächst einmal nicht als Akteure. Wadi möchte das ändern und hat bereits viele gemeinschaftliche Aktionen und Hunderte von Seminaren und Info-Veranstaltungen in Dörfern, Schulen, Kindertagesstätten und Moscheen durchgeführt. Hier entwickeln Kinder, Eltern, Lehrer und viele Andere ein Verständnis für ökologische Fragen, und sie suchen gemeinsam Antworten darauf, wie jede*r Einzelne zu einer nachhaltigeren und gesünderen Umwelt beitragen kann.

Nicht, dass westliche Industrieländer ausreichend für den Umweltschutz täten. Doch praktisch sämtliche Umweltschutzvorkehrungen, die hier über die letzten 50 Jahre eingeführt und weiterentwickelt wurden, sind in Ländern wie dem Irak bis heute nicht existent. Dort gibt es keine Mülltrennung, keinerlei Maßnahmen zur Müllvermeidung oder zum Energiesparen, keine Abgasreinigung, keine regenerative Energien und keine Ansätze biologischen Landbaus. Auch Maßnahmen zur Renaturierung, zum Artenschutz oder zur Entwicklung eines „sanften“ Tourismus wird man vergeblich suchen.

Es ist ein Alltag, wie man ihn sich in den reicheren Teilen der Welt kaum vorstellen kann. In irakischen Städten wird Strom für die Haushalte täglich stundenlang über so genannte Nachbarschaftsgeneratoren gewonnen – große lärmende Schiffsdiesel, die ihre schwarzen Abgaswolken direkt in das Viertel und die Lungen der Einwohner*innen blasen. Haus- und Gewerbeabfälle werden unterschiedslos gesammelt und landen in der Verbrennungsanlage oder auf der Deponie, wo die Müllberge unter freiem Himmel vor sich hin schwelen. Je nach Windrichtung zieht der giftige Rauch dann auch durch bewohnte Gebiete. Städte gleichen Betonwüsten; in der Sommerhitze werden sie zum Backofen. Brüllende Generatoren treiben Tausende von Klimaanlagen an, ohne die es hier kein Überleben gäbe.

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In der Bevölkerung gab es lange kaum ein Problembewusstsein. Vieles wurde hingenommen, ohne es zu hinterfragen. Doch unter jungen Menschen ändert sich dies gerade. Über das Internet kommen sie mit aktuellen globalen Debatten in Berührung und möchten gern mehr erfahren und selbst Teil davon sein. Der Wunsch nach Veränderung wächst – der Wunsch, vor Ort selbst zu einer gesünderen und lebenswerteren Umwelt beizutragen.

Freilich gibt es im Irak keine Tradition bürgerschaftlichen Engagements. Eher im Gegenteil: Impulse durften stets nur von oben kommen, in Gestalt von Befehlen und Verordnungen. Jeder Zusammenschluss war verdächtig. Heute ist dies nicht mehr in diesem Maße der Fall, und doch verdienen die vorhandenen zarten „Grassroot“-Ansätze unsere volle Unterstützung.

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In Halabja fanden wir diese Ansätze. Hier gibt es seit den furchtbaren Giftgasangriffen, die Tausende töteten und die Umwelt verseuchten, eine besondere Sensibilität für die Abhängigkeit des Menschen vom Wasser, vom Boden, von der Luft. Hier begannen unsere Freunde von NWE unter dem Motto Green City Halabja, Naturwanderungen für Frauen zu veranstalten, öffentlichkeitswirksame Müllsammelaktionen durchzuführen, eine Kampagne gegen Plastiktüten zu initiieren und unter Beteiligung der örtlichen Bevölkerung Bäume zu pflanzen. Sogar ein Kräuterfestival organisierten sie.

Nachdem Wadi solche Aktionen im Bereich Umweltschutz und Umweltpädagogik bereits einige Zeit gefördert hatte, begannen die Teams 2019 mit Umweltbildung an kurdisch-irakischen Schulen. Unter dem Titel „Keep Kurdistan Green“ fördert inzwischen das BMZ dieses Projekt.

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Resonanz in lokalen Medien

In diesem Projekt werden Kinder gezielt mit verschiedenen Umweltproblematiken bekanntgemacht. Dabei wird auch diskutiert, ob Menschen vor Ort möglicherweise durch Verhaltensänderungen zu einer Lösung oder Entschärfung der Problematik beitragen können. Kleine Schulprojekte sollen das Interesse wecken und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Bildung von Umweltgruppen an den Schulen wird gefördert; auch die Ernennung von Umweltbeauftragten unter der Lehrerschaft ist vorgesehen. Gemeinschaftliches, selbstorganisiertes Handeln soll dabei im Vordergrund stehen.

Das Projekt findet an 34 ausgewählten Schulen der Kurdenregion statt. Speziell geschulte Umweltteams der lokalen Organisationen NWE und ADWI besuchen diese Schulen immer wieder, um eine solide Vertrauensbasis zu den Schüler*innen und der Lehrer- und Elternschaft aufzubauen und so auf ein dauerhaftes Engagement aller Beteiligten hinzuarbeiten. Kontinuität und Verlässlichkeit haben sich immer wieder als Schlüssel für den Erfolg und die Nachhaltigkeit von Wadi-Projekten erwiesen.

Das Projekt wirkt über Social Media und Presseberichterstattung weit über den beschränkten Kreis der Beteiligten hinaus. Es ist ein Appell an individuelle Verantwortung und kollektives Handeln, der da vermittelt wird: Jede*r Einzelne trägt Verantwortung. Bewusstes Verhalten im Alltag trägt dazu bei, dass es der Natur und unserer unmittelbaren Umwelt – somit uns selbst – besser geht. Und wenn wir unsere Kräfte bündeln und vereint handeln, können wir Erstaunliches bewirken.

Bitte unterstützen Sie dieses wichtige Projekt mit Ihrer Spende