Soeben ist der neue Wadi-Rundbrief erschienen, den Sie hier in voller Länge als pdf-Datei herunterladen können, um sich über unsere aktuellen Projekte zu informieren.
Wie immer zu dieser Jahreszeit bitten wir Sie herzlich unsere Arbeit, wenn irgend möglich, solidarisch mit einer Spende zu unterstützen.
Auszug aus der Einleitung:
Ihr Wunsch nach Freiheit, mehr Rechten und nach Gleichberechtigung der Geschlechter ist jedem unmittelbar und ohne politische Übersetzungsleistung verständlich.
Aus dem sog. ›arabischen Frühling‹ haben sie gelernt, dass es für eine demokratische Entwicklung mehr braucht, als den Umsturz bestehender Herrschaftshäuser. In den meisten Staaten bedarf es dazu vor allen Dingen der Entwicklung einer Zivilgesellschaft, die in der Lage ist, Partizipationsrechte einzufordern und auch umzusetzen. Dabei wiederum spielt die neue Generation junger und bildungsinteressierter Menschen eine entscheidende Rolle. Zu Ikonen des Protests im Irak sind daher nicht säbelschwingende Islamisten oder bärtige Berufsrevolutionäre mit Kalaschnikow geworden, sondern junge Frauen mit Mobiltelefonen.
Die junge Generation der Irakerinnen möchte gleichberechtigt leben, nicht als Frau und vielfache Mutter aufgezehrt von der mühsamen täglichen Reproduktion der Familie im Flüchtlingscamp
In Deutschland und Europa, wo man angesichts der vielen Jahrestage geglückter und gescheiterter Revolutionen und Befreiungen gerne über Menschenwürde und Freiheit räsoniert, kommt das gar nicht gut an – wie alle Ereignisse, über die man sich genötigt sieht, seiner Sorge Ausdruck zu verleihen und an die Einhaltung der Menschenrechte zu gemahnen, ganz so, als hätten Regierungen wie die im Iran und dem Irak diese nur eben mal kurz vergessen.
Anders als die jungen Menschen der Region, die sich über Social-Media- und Messengerdienste organisieren, ist hierzulande die Idee scheinbar noch nicht angekommen, dass man »die in den Ländern da unten« weder dauerhaft von Regimen einsperren lassen, noch festhalten kann. Europa ist derweil so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass es keine Idee zu entwickeln in der Lage scheint, wie man die Gesellschaften im vorderen Orient bei der längst überfälligen Entwicklung demokratischer Strukturen unterstützen könnte.
Dabei bedürfte es nicht allzu großer Fantasie. Die Gesellschaften der Region sind jung, sie dürsten nach Bildung und besseren Chancen für alle. Die junge Generation der Irakerinnen möchte gleichberechtigt leben, nicht als Frau und vielfache Mutter aufgezehrt von der mühsamen täglichen Reproduktion der Familie im Flüchtlingscamp. Sie wollen die Bildung und Freiheit, die sie längst über ihre digitalen Kommunikationsmedien kennen, die ihnen aber weiterhin verwehrt wird.
Wir sollten sie unterstützen – und uns ihre ›Wünsche, Hoffnungen und Visionen‹ anhören. Das wäre vielleicht nicht so aufgeräumt, wie es bei Revolutionsjubiläen dieser Tage vor dem Brandenburger Tor zugeht; aber es würde beiden Seiten helfen.