Wadi begrüßt lebenslange Haft für IS-Kämpfer

In Frankfurt wurde erstmalig ein ehemaliger Kämpfer des Islamischen Staates (IS) für seine Verbrechen an einer Jesidin zu lebenslanger Haft verurteilt. 

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(Bild: Flüchtlingslager für Jesid:innen im Jahr 2014, Bild: Wadi)

Vor sieben Jahren erschütterten die Verbrechen des IS in der Region um Sinjar im Nordirak die Welt. Nach monatelangen Kämpfen gelang die Befreiung einer vollkommen zerstörten Region. Die dort lebenden Jesid:innen galten für die Kämpfer des IS als ungläubige „Teufelsanbeter“, die brutal verfolgt wurden. In wenigen Monaten hatten Kämpfer des IS Zehntausende verschleppt, vergewaltigt, versklavt, ermordet – überwiegend Frauen. Viele von ihnen konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren und leben in Flüchtlingslagern im Irak.

In Deutschland standen mit Taha A. und seiner deutschstämmigen Frau Jennifer W. nun erstmals Täter dieses Völkermordes vor Gericht. Sie hatten eine Jesidin als Sklavin gehalten, ihre fünfjährige Tochter ließen sie, in der prallen Sonne bei 50°C angekettet, verdursten. Damit wurde ein Schicksal von vielen exemplarisch juristisch aufgearbeitet.

Das Verfahren gegen Taha A. war eine Premiere, es wurde nach dem Weltrechtsprinzip geführt. Das Weltrechtsprinzip behandelt Straftaten, die so gravierend sind, dass sie gegen universale Rechtsgüter verstoßen und deshalb die Weltgemeinschaft als Ganzes betreffen. Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Menschenhandel gehören dazu.

Jennifer W. war bereits vor einem Monat zu zehn Jahren Haft verurteilt worden; das Urteil ist allerdings noch nicht rechtsgültig. Am 30. 11. wurde nun Taha A. ebenfalls schuldig gesprochen. Er wurde zu lebenslanger Haft und der Zahlung eines Schmerzensgeldes von 50.000€ verurteilt.

Für Wadi erklärte Sarah Hasan, eine unserer jesidische Mitarbeiterin im Irak, die seit 2015 selbst hunderte von Mädchen betreute, die zuvor vom Islamischen Staat entführt und missbraucht wurden, sie sei sehr erfreut über dieses Urteil. Es sei, erklärte sie, ein Schritt in die richtige Richtung. Aber: „Hunderte von Tätern sind noch auf freiem Fuß und wir hoffen, dass die Justiz in Deutschland und Europa dies zum Anlass nimmt, ihre Bemühungen zu verstärken, damit weitere Täter vor Gericht gestellt und verurteilt werden.“ Sie hoffe außerdem, dass dieses Urteil helfe, dass das Schicksal der Jesid:innen nicht weiter in Vergessenheit gerate.

Auch sieben Jahre nach dem versuchten Völkermord leben noch immer hunderttausende in Lagern im Nordirak. Immer mehr verlieren jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft. „So viele hier, vor allem junge Frauen, begehen inzwischen Selbstmord, weil sie verzweifeln.“ Andere versuchen irgendwie nach Europa zu kommen, so befanden sich auch unter den Flüchtlingen an der belarussisch-polnischen Grenze überdurchschnittlich viele Jesid:innen aus den Lagern im Irak.

Frankfurt den 01.12.2021