Aus der Einleitung des Rundbriefes:
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Unterstützer,
wie es um die Welt bestellt ist dieser Tage, wissen Sie selbst. Und es bedarf
sicher keiner Hilfsorganisation und keiner sog. Experten, um zu beschreiben,
was offensichtlich ist: Der Vordere Orient ist zu einem Ort geworden, an dem
apokalyptische Untergangsvisionen zur alltäglichen Wirklichkeit geronnen
sind. Zugleich gilt: Nichts von dem, was derzeit dort geschieht, war unvorher-
sehbar, nichts blieb unangekündigt. Dass in den Gefängnissen Syriens gefol-
tert und gemordet wird, ist genauso wenig ein Geheimnis wie die Bereitschaft
verwundern kann, notfalls die gesamte Bevölkerung einer Stadt auszubomben,
bunkerbrechende Bomben über Kinderkliniken abzuwerfen oder Chlorgas in
Wohnviertel zu feuern. Es ist nur die konsequente Fortsetzung einer seit Jahr-
zehnten praktizierten Verfolgung und Unterdrückung, angekündigt in der den
dortigen Diktaturen eigenen hysterischen Feind-Rhetorik, die in Oppositionel-
len »Verräter« und »zionistische Agenten« sieht und die eigene Bevölkerung
umstandslos zu »Terroristen« erklärt, sobald sie sich dem absoluten Herr-
schaftsanspruch auch nur für einen Moment entzieht. Es scheint, als sei die
Hoffnung, die mit dem Aufbruch in den arabischen und islamischen Staaten
aufkam, bitter enttäuscht worden.
Dass wir dennoch weitermachen und inmitten einer Region, die von Krieg,
Terrorismus, Ungerechtigkeit und Gewalt überzogen wird, kleine Inseln der
Menschlichkeit und Vernunft unterstützen, stand gleichwohl niemals in Fra-
ge. Vor mehr als einem Jahrzehnt haben wir dies so erklärt: »Die Rede von
der Stärkung zivilgesellschaftlicher Struktur, die selbst Herrschaft sichert,
zeigt zugleich das Unbehagen an, Menschen als handelnde Subjekte (…) ih-
rem Schicksal in der Katastrophe zu überlassen. Denn auch im Verfall heißt
es weiterzuleben. Innerhalb dieses Systems spielt es für den Einzelnen sehr
wohl eine Rolle, in welchem Ausmaß ihm medizinische Versorgung, Nahrung
und Bürgerrechte vorenthalten werden.« Man kann es auch einfacher fassen:
Der Einsatz für menschliche Lebensbedingungen, Solidarität und individuelle
Rechte bemisst sich nicht vorrangig an der Aussicht auf gesellschaftlichen
Erfolg. Gerade angesichts der Katastrophe gilt es jene zu unterstützen, die
sich Verrohung und Gewalt entgegenstellen und allen Umständen zum Trotz
für eine bessere Zukunft einsetzen. Die entwicklungspolitische Arbeit ist nicht
sinnlos, nur weil ihr die Perspektive auf politische Entwicklung vorerst genom-
men scheint.