WADIs neues Projekt „Vom Flüchtling zum Bürger und zur Bürgerin“ nimmt langsam Gestalt an. In Celle wurde schon im Mai ein erster Pilotworkshop mit Flüchtlingen veranstaltet. Inzwischen sind daraus die ersten Initiativen von Flüchtlingen entstanden.
Ziel der Workshops ist es, Neuankömmlinge mit Möglichkeiten lokaler Demokratie in Deutschland bekannt zu machen und mit ihnen konkrete Projekte zu erarbeiten, wie sie sich selber einbringen können. In kurzen Inputs lernen die Teilnehmenden über kommunale Selbstverwaltung, Eltern- und Schülervertretung und Bürgerinitiativen. In einem Reader finden sie weitere Informationen über die Beteiligung in Parteien, Gewerkschaften und Betriebsräten. Bisher findet das Angebot auf Arabisch statt.
Der Trainer Hussein Ghrer leitete die Gruppe an, ihre Bedürfnisse und Interessen zu sammeln und daraus zu sortieren, wo sie eine Lösung selbst in die Hand nehmen können und wollen. Man einigte sich schnell, dass in Fragen der Beschleunigung des Asylverfahrens oder der schnelleren Zuteilung eines Deutschkurses erstmal wenig erreicht werden könne. Es blieben die Probleme Übersetzungen, Transport und Kindererziehung.
In Celle gibt es einen Übersetzerpool, allerdings fanden einige Teilnehmer, dass sie für bestimmte Erledigungen sich auch gut selber helfen könnten, z.B. bei Arztbesuchen. Denn dabei bräuchte man niemanden, der Arabisch-Deutsch übersetzen könne. Ein Flüchtling, der gut Englisch spreche, könne auch zwischen Arzt und Patient übersetzen.
Es entstand die Idee eines niedrigschwelligen Übersetzerpools für Arztbesuche, Elterngespräche in der Schule und Einkäufe.
Der Weg in die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist vor allem für Flüchtlinge, die außerhalb Celles untergebracht sind, ein großes Problem, schilderten einige Teilnehmer. Allerdings war von diesem Problem im Workshops niemand betroffen und eine einfache Lösungsmöglichkeit schien nicht gegeben.
Viel Raum in der Diskussion nahm die Kindererziehung ein. Durch Krieg, Flucht und die neue Umgebung hätten viele Kinder psychosoziale Probleme schilderte eine Lehrerin aus Aleppo. Ein weiteres Problem sei die Sprache: Die Kinder lernten in Kitas und Schulen schnell Deutsch. Den Eltern fiele der Spracherwerb deutlich schwerer, zumal sie häufig längere Zeit auf einen Kurs warten müssten. Die Kinder sprächen dann Deutsch untereinander und mit ihren Eltern, die Eltern könnten sie nicht verstehen. Das Problem kannte Trainer Hussein: Gerade sein jüngerer Sohn könne nicht problemlos zwischen den Sprachen wechseln und seine Frau und er stünden dann oft ratlos da, was er von ihnen wolle.
Im Anschluss gründeten die Teilnehmenden eine WhatsApp-Gruppe. Als erstes luden die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe Flüchtlingshelfer zu einem Essen ein. Das war ihnen als Dankeschön für die Hilfe, die sie in Celle erfahren hatten, ein wichtiges Anliegen.
Vorlesenachmittag für Kinder
Über drei Monate wurden dann die anderen Themen diskutiert und schließlich ein grober Plan entworfen. Als erstes wollten die Workshop-Teilnehmer einen regelmäßigen Vorlesenachmittag organisieren, wo sie ihren Kindern gemeinsam mit anderen Eltern aus arabischen Kinderbüchern vorlesen wollen und darüber reden. So wollen sie die Kommunikation in den Familien verbessern, aber auch Kindern ein Grundverständnis der arabischen Schriftsprache vermitteln. Zudem bietet ein solcher Treffpunkt die Möglichkeit für Eltern sich auszutauschen und bei Problemen zu helfen.
In einem zweiten Schritt soll ein Beratungsangebot für Eltern von Jugendlichen geschaffen werden. Viele Neuankömmlinge haben Sorgen, dass Jugendliche von Salafisten angeworben werden, Drogen konsumieren oder kleinkriminell werden. Die Eltern fühlen sich diesen Gefahren hilflos gegenüber und wünschen sich pädagogischen Rat.
Mehr zum Projekt „Vom Flüchtling zum Bürger und zur Bürgerin“ auf der Projekt-Website.