Das Frauencafé in Halabja ist eine ersten derartigen Einrichtungen für Frauen in Irakisch-Kurdistan – und im ganzen Irak. Ein Raum jenseits der familiären Sphäre, in der sich ausschließlich bewegen zu können immer noch das Schicksal vieler Frauen hier darstellt. Insofern ist dieses Café nicht nur ein netter Platz, um Tee zu trinken; es ist ein kleiner Ort der Freiheit.
Im dem ehemals unbenutzten Innenhofs des Womens Center in Halabja ist nach einer Überdachung ein Café geworden. An der hellen Fensterfront steht ein blinkender Samowar, daneben ist die Spüle für die kleinen Teegläser, die Capuccinokultur hat im Nahen Osten jedenfalls noch nicht Einzug gehalten. Jetzt am Nachmittag ist es leer im Café, heute finden keine Kurse im Haus statt, die anderen Frauen sind mittags nach Hause gegangen. Wir sind mit Hero, der Leiterin des Centers und Juan, die das Cafè betreibt, verabredet.
Jedes Stadtviertel in Halabja bräuchte eigentlich so ein Center mit Café, sagt Juan – die Frauen hier brauchen Plätze, um sich auch außerhalb der Häuser und damit der Familie aufhalten zu können. Es gibt keine wirklichen öffentlichen Räume in Halabja für Frauen, selbst der Markt ist von Männern dominiert. Auch Kinderspielplätze gibt es nicht. Die Frauen hier, fügt Hero an, sind auf ihr Haus beschränkt; auch dass es nun Lehrerinnen gibt oder Frauen wie sie selbst und Warda, die arbeiten, sei zuerst nur zögerlich von der Gesellschaft akzeptiert worden.
Die Situation in Halabja ist dabei vielleicht noch etwas schwieriger für Frauen als in anderen Regionen, an die Vertreibungen und Kriegszerstörungen der lange umkämpften Stadt in den achtziger Jahren schloss sich für über ein Jahrzehnt die Herrschaft von Islamisten an. Aber es ändert sich etwas in Halabja, sagen die beiden Frauen, wenn auch langsam, Schritt für Schritt. Erst die weithin akzeptierte Arbeit des Frauenzentrums hat es überhaupt möglich gemacht, ein solches öffentliches Café in Halabja zu betreiben. Teestuben und Cafés sind zwar ein fester Bestandteil der nahöstlichen Männerwelt, Frauen aber bleibt dieser wichtige Kommunikationsort verschlossen. Tatsächlich existieren im Nahen Osten kaum irgendwelche Räume, an denen Frauen sich in angenehmer Atmosphäre ungestört zusammenfinden und austauschen können.
„Alle Neuerungen treffen zuerst auf Misstrauen“, sagt Juan, „so war das auch mit dem Café. Meine Familie hat zwar akzeptiert, dass ich hier arbeite, nachdem klar war, dass dies ein Platz nur für Frauen ist, aber erst hieß es vielfach: Ein Café für Frauen? Das ist aber nicht gut.“
Ebenso sei es mit der Hausaufgabenhilfe für Mädchen gewesen, die mittlerweile nachmittags in den Räumen angeboten wird. „Wie sollen die Mädchen lernen können, wenn sie zuhause in einem Raum mit kleinen Geschwistern sitzen müssen, gerade wenn sie vor Prüfungen stehen? Erst haben die Mütter entsetzt abgelehnt, dann haben wir die Idee erklärt, wieder und wieder, auch im Radio ist dafür massiv geworben worden, bis es lief, hat es zwei, drei Monate gedauert.“
Die beiden sind sich einig: langsam muss man manchmal sein, immer wieder die Leute ermuntern, sich nicht entmutigen lassen. Und langsam ändern sich die Dinge. „Aber für unsere Generation bleibt es schwierig“, sagt Hero, „die Jungen werden es leichter haben.“ Und Juan nickt, während sie Tee nachgießt: „Bei uns Frauen ist es nicht unbedingt vorgesehen, dass wir überhaupt eine Ausbildung oder die Schule fertigmachen.“ Und was bedeutet das Café für sie als Betreiberin? Sie lacht. „Ich habe damit auch etwas für mich persönlich erreicht. Dieses Café bedeutet Fortschritt!“
Legendär ist hier noch immer der Besuch eines interessierten Europäers, dessen Peschmerga-Wachen, altgediente Kämpfer aus den Tagen der Guerilla in den Bergen, plötzlich darauf bestanden, ihr Geschirr selbst abzuräumen und zu waschen. Etwas, das sie bisher noch nie gemacht hatten.