35 Jahre nach dem Giftgasangriff auf Halabja: Deutsch-kurdische Erinnerungsveranstaltung

Zum Jahrestag des Giftgasangriffes auf die irakisch-kurdische Stadt Halabja fand mit Unterstützung von Wadi eine deutsch-kurdische Veranstaltung statt, bei der auch erneut die Verantwortung Deutschlands für das irakische Giftgasprogramm betont wurde.

Von Richard Wilde, 03.04.2023

halmem

Halabja Memorial, Bild: Wadi e. V.

Am 16.03.2023 kamen rund 40 Menschen zu einer Gedenkveranstaltung im Rocketclub Landshut zusammen. Mit seiner ersten  Veranstaltung startet der neu gegründete internationale-kurdische Freundschaftsverein Landshut einen Internationalen Austausch mit der kurdischen Bevölkerung im Nordirak. Denn zur gleichen Zeit kamen über zwei Dutzend Menschen in dem Veranstaltungssaal der kurdischen Menschenrechtsorganisation NWE in Halabja zusammen. Diese beiden Veranstaltungen, waren via Livestream miteinander verbunden. Grund war der 35. Jahrestag des Giftgasanschlags von Saddam Hussein auf die kurdische Stadt Halabja.

Bei diesem Angriff starben circa 5000 Menschen sofort und tausende starben an den Folgen. Noch immer hat ein Großteil der Bevölkerung vor Ort mit Folgen des Angriffs zu kämpfen. Die Betroffenen beklagen auch in dieser Veranstaltung, dass ihnen weder die eigene Regierung noch die Regierungen derer Länder helfen würde, die die Produktion und den Angriff mit Giftgas überhaupt erst möglich gemacht haben. Darunter auch Deutschland.

Die Veranstaltung beginnt mit einer kurzen Einführung durch einen 10-minütigen Film von einem Landshuter Filmteam über die Hintergründe des Angriffs und der komplexen Beziehung zum Gedenken an diesen Tag. Doch wie kann ein gemeinsames Gedenken von einer deutschen Zivilgesellschaft mit den Betroffenen vor Ort aussehen? Um diese Frage ging es in der transnationalen Diskussionsrunde. Einfache Antworten gibt es nur wenige, aber klare Anforderungen, die an eine gemeinsame Arbeit gestellt worden. So sagt Kak Hoshamnd Murad von der Gesellschaft der Überlebenden von Halabja, das schon viel getan ist, wenn Überlebende, die noch immer mit leiden zu kämpfen haben in Deutschland behandelt werden könnten. Neben ihm sprechen auf kurdischer Seite der Anwalt Awara Hussein und die Sozialarbeiterin Hero Khan. Rechtliche Aufklärung für die Betroffenen wollen sie hier zu Lande vorantreiben. Denn die Menschen haben von der kurdischen Regionalregierung aus eigentlich den Anspruch auf Reparationszahlung. Das sie das aber in Anspruch nehmen können, bzw. wie ist den meisten nicht klar. Nicht zu vergessen sind die Umweltschäden, die den Boden und das Wasser immer noch verunreinigen.

(Stream der Veranstaltung)

Mühsam versuchen die NGO´s dies mit eigenen Projekten zu verbessern. Trotzdem, dass das Green City Halabja Projekt, von Wadi und NWE, schon seit Jahren aktiv ist, ist kein Ende in Sicht. Wenn nicht bald mehr Unterstützung von höheren Ebenen kommen, dann wird die Klima- und Umweltkrise in der Region das Schaffen was Saddam selbst nicht geschafft hat, die Vertreibung der kurdischen Bevölkerung. Hier braucht es Unterstützung aus dem internationalen Bereich, fordert Hero Khan.

Auf Landshuter Seite spricht Luise Gutmann als Sprecherin der VVN-BdA Bayern. Die Vereinigung leistet bereits seit 1947 Gedenkarbeit im Bezug auf die Zeit des Nationalsozialismus und konnte aus diesen Erfahrungen voll schöpfen. Auch die Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel von den Grünen sprach bei dieser Veranstaltung. Die Bundesregierung erkannte zwar 2021 endlich den Angriff auf Halabja als Genozid gegen die kurdische Bevölkerung an, aber weiter als diese Erkenntnis wurde bisher politisch kaum gegangen.

Nach über 2 Stunden endete die Veranstaltung mit einer kleinen Ausstellung mit Bildern und Fakten zum 16.03.1988. Neben den circa 80 Personen, die an beiden Veranstaltungen anwesend waren, gab es auch ein digitales Publikum von über 100 Personen die das ganze als Livestream von den Endgeräten daheim aus verfolgten. Durch die Arbeit des internationalen-kurdischen Freundschaftsvereins in Kooperation mit der Petra-Kelly Stiftung und der regionalen kurdischen Organisation NWE konnte dieses transnationale Gedenken stattfinden.Am Ende einigten sich die Beteiligten darauf, dass diese Art des Austauschs fortgesetzt werden soll und das am besten nicht nur an Jahrestagen von schlimmen Ereignissen. Auch deswegen wird gerade an weiteren Projekten zum Thema Gedenken gearbeitet.