Wadi-Rundbrief Früjahr 2022: #SafeAid

Der neue Wadi-Rundbrief stellt die aktuelle von uns unterstützte #SafeAid Kampagne für ukrainische Flüchtlinge in Polen vor und berichtet aus Irakisch-Kurdistan über das Green City Halabja-Programm und die Erfolge im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM).

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Spenderinnen und Spender,

und wieder, so müssen wir leider sagen, herrscht Krieg. Für Menschen in Europa ist es der erste seit dem Gemetzel im ehemaligen Jugoslawien, für Menschen im und aus dem Nahen Osten reiht sich der Ukraine-Krieg nur ein in eine langandauernde Folge bewaffneter Konflikte. Unsere Partner von den „Moria White Helmets“ in Lesbos, die sich vor fast genau zwei Jahren als Selbsthilfsorganisation syrischer Flüchtlinge gegründet haben, wussten dann auch sofort, was zu tun ist. Am Tag nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine organisierten sie eine kleine Solidaritätskundgebung im Flüchtlingslager. Denn in Syrien hatten sie jahrelang selbst erleben müssen, was es heißt, von russischer Luftwaffe bombardiert zu werden und zu erleben, wie nicht nur gezielt Krankenhäuser, Schulen und andere zivile Infrastruktur zerstört wird, sondern ganze Städte in Schutt und Asche gelegt werden. Heute, über einen Monat nach Kriegsbeginn, ist angesichts russischer Gräueltaten immer häufiger die Rede vom „syrischen Drehbuch“, dem da gefolgt werde. Und, so groß die Unterschiede auch sein mögen, wer wie wir von Wadi über Jahre mit syrischen Oppositionellen und Flüchtlingen zusammengearbeitet hat, fühlt sich schmerzlich erinnert, wie oft wir gewarnt haben, dass, sollte niemand versuchen, das Metzeln in Syrien zu beenden, sich sowohl Russland als auch der Iran, die beiden Hauptstützen des Assad-Regimes, ermutigt fühlen werden, anderswo einfach weiter zu machen.

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Solidaritätsbekundung der „Moria White Helmets“ in Lesbos

Die Ukraine ist nicht Syrien und in Kyiv stehen der russischen Militärmaschinerie nicht ein paar untereinander zerstrittene und schlecht bewaffnete Milizionäre, sondern eine gut trainierte Armee gegenüber, deren erbitterter Widerstand schnell auch die Grenzen des russischen Militärs aufzeigt, dass bislang als so unbesiegbar erschien. Den Millionen von Zivilisten, 80% von ihnen Frauen und Kinder, die aus den umkämpften Städten des Landes fliehen, wurden die Grenzen der Nachbarländer geöffnet, sie müssen erfreulicherweise nicht jahrelang  auf Bearbeitung ihrer Asylanträge warten, sondern werden mit offenen Armen empfangen.  Aber Länder wie Polen waren vor allem zu Beginn der Krise völlig überfordert, in so kurzer Zeit so viele Menschen aufzunehmen.

Deshalb kamen wir von Wadi auch gerne einem Hilferuf nach, der uns im Februar aus Krakau erreichte: Verschiedene lokale Organisationen baten uns, ob wir ihnen beim Aufbau von Strukturen helfen könnten. So verbrachten dann auch zwei unser Mitarbeiter*innen ganz ungeplant fast einen Monat in Polen und assistierten dabei, die dortige #SafeAid-Kampagne mit aufzubauen. Diese umfasst eine Vielzahl verschiedener Projekte, bei denen es immer um den Schutz der ukrainischen Frauen und Kinder vor Missbrauch geht. Denn zu gut wissen wir aus jahrzehntelanger leidvoller Erfahrung, wie schnell vor allem Flüchtlinge zu Opfern sexueller und anderer Gewalt werden können.

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Ein Flyer von „Martynka“, einer ukrainischen Selbsthilfsorganistion, die wir unterstützen

In diesem Rundbrief stellen wir Ihnen diese neue Kampagne vor und bitten Sie ganz herzlich um Unterstützung, denn auch wir ahnten zu Anfang des Jahres nicht, dass unsere Arbeit sich so schnell auf ein weiteres Land ausdehnen würde.

Auch in Lesbos, das längst nicht mehr im Augenmerk der Medien steht, geht unsere Arbeit weiter. Gemeinsam mit den Moria White Helmets (MWH) feierten wir deren zweites Jubiläum: Sieht man sich heute in dem neuen Camp um, in dem zum Glück nicht mehr Zehntausende unter unbeschreiblichen Zuständen leben müssen, kann man sich kaum vorstellen, dass es Zeiten gab, in denen nicht die Flüchtlinge selbst sich um fast alles gekümmert haben. Heute sorgen sie dafür, dass Plastikflaschen und anderer Müll täglich im Camp und den angrenzenden Olivenhainen eingesammelt und recycelt werden. Ein Team aus Elektrikern kümmert sich um den Betrieb der Generatoren im Camp und repariert defekte Leitungen. Selbst um die Katzen im ehemaligen, inzwischen abgebrannten Camp kümmern sich die „Moria White Helmets“. Man sieht sie überall, und der Unterschied zu früher könnte größer nicht sein. Damals waren es Freiwillige internationaler NGOs, die das Bild bestimmten, heute sind es die Flüchtlinge selbst. „Wir haben den Menschen hier in Lesbos, aber auch überall in Europa, gezeigt, dass wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern können, wenn man uns nur lässt und dabei unterstützt“, erklärt Mitbegründer der MWH Raid al-Obeed.

Selbstorganisation und Selbstermächtigung sind die Säulen, auf denen alle Projekte, die Wadi unterstützt, fußen. Nach Vorbild der Organisationen in griechischen Flüchtlingslagern haben nun auch jesidische Frauen im Nordirak sich zusammengetan und klären mit unserer Hilfe in sechs der großen Camps darüber auf, wie man gemeinsam der Corona-Pandemie die Stirn bieten kann. Auch hier mit großem Erfolg: Die Impfquote habe sich, hören wir von dankbaren Camp-Managern, seitdem signifikant erhöht.

Selbstorganisation, das heißt konkret immer: Es sind Projekte, die von den Bürgerinnen und Bürgern oder Flüchtlingen selbst angestoßen und durchgeführt werden. Dieser Ansatz funktioniert auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Eine schon seit längerem geplantes Programm möchten wir Ihnen in diesem Rundbrief etwas ausführlicher vorstellen: Die #GreenCityHalabja-Kampagne, die unsere Partner und wir am 16. März der Öffentlichkeit präsentieren konnten. Entwickelt haben wir sie mit unserem langjährigen Partner NWE, einer lokalen Organisation, die zusammen mit dem seit 2005 sendenden Frauen- und Jugendradio aus Projekten von Wadi hervorgegangen ist.

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Vor Ort im Irak hergestellter Sammelbehälter für Plastikmüll

Denn dieser lange Atem und die oft jahrzehntelange Kooperation sind es, die unser Selbstverständnis ausmachen. Veränderungen zum Besseren sind mühsame Prozesse voller Rückschläge und Hindernisse. Daran erinnert nur zu gut unsere Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung, die wir 2004 im Irak begannen. Am 6. Februar, dem Internationalen Tag gegen FGM, stellen Mitarbeiterinnen und Partner von uns in einer Fachtagung in Erbil die bisherigen Erfolge vor. Auch darüber haben wir einen kleinen Bericht für Sie verfasst.

Es sind solche positiven Entwicklungen, die einen weiter machen lassen. Sie zeigen, dass es sich immer wieder lohnt, den Verhältnissen die Stirn zu bieten, in denen, wie Karl Marx es einst formulierte, „der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“.

Auch wenn sie als Flüchtlinge unter unwürdigen Bedingungen seit Jahren in einem Camp in Griechenland ihr Leben fristen müssen, war es unseren Partner von den „Moria White Helmets“ ein Herzensanliegen, den Menschen in der Ukraine ihre Solidarität auszudrücken. „Wir haben nur Zelte und Container“, schreiben sie auf ihrer Seite, „aber wir teilen sie gerne mit Flüchtlingen aus der Ukraine.“

Uns ist es derweil natürlich ein Herzensanliegen, all diese Partner und Programme auch weiter zu unterstützen. Das wiederum war und ist nur mit Ihrer Hilfe und Spende möglich.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen frohe Ostern

Thomas von der Osten-Sacken (Geschäftsführung)

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Sie können den ganzen Rundbrief hier als .pdf Datei herunterladen

Wir bitten Sie auch diesmal ganz herzlich unsere Projekte und Kampagnen mit Ihrer Spende zu unterstützen:

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