Es war die Region Garmyan, in der den mobilen Wadi-Teams zum ersten Mal bewusst wurde, dass FGM ein riesiges Problem in Irakisch-Kurdistan darstellt. Damals machten unsere Teams eine kleine Studie, bei der mehr als 60 % der interviewten Frauen und Mädchen angaben, Opfer von Genitalverstümmelung geworden zu sein. Unter dem Eindruck dieser erschreckenden Zahlen startete Wadi eine erste groß angelegte Studie.

Die 2010 veröffentlichte Studie
Seitdem ist eine Menge passiert: Eine „Stop FGM“-Kampagne für Kurdistan wurde gestartet und im Jahre 2011 verbot das irakisch-kurdische Parlament die Praxis der Genitalverstümmelung. Zudem halfen verschiedene Aufklärungskampagnen die Anzahl neu verstümmelter Mädchen in der Region zu reduzieren. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Anzahl zurückgeht:
„Eine Studie der Heartland Alliance in Kooperation mit Unicef und dem High Concil of Women Affairs zeigt eine signifikante Verringerung der Rate von Genitalverstümmelungen zwischen Müttern und ihren Töchtern im Nordirak. Während 44,8 % der Mütter von FGM betroffen sind, liegt der Anteil der unter den Töchtern bei 10,7 %. Die Ergebnisse zeigen zudem einen direkten Zusammenhang zwischen Kampagnen und dem Rückgang der Zahlen. Religion bleibt ein maßgeblicher Faktor unter denjenigen, die die Praxis weiterhin an ihren Kindern vollziehen.“
Bedauerlicherweise sind nur wenige Geldgeber bereit, diese erfolgreichen Kampagnen zu unterstützen, obwohl FGM fortgehend ein weit verbreitetes Problem ist.
„Im Jahr 2017 besuchte unser Team die Bezirke, Unterbezirke und Dörfer in der Region Garmyan, um dort Seminare für insgesamt 1104 Männer und Frauen zu halten, die sich thematisch mit dem Kampf gegen FGM, häuslicher Gewalt und gewaltfreier Konfliktlösung befassten.“
Trotz Finanzierungsmangel führt Wadi seine Arbeit mittels einer kleinen Studie weiter, besonders in Erbil und der Region Garmyan.
Leyla Ahmed, Mitarbeiterin des Wadi-Teams in Garmyan, veröffentlichte vor Kurzem einen Artikel in der Lokalzeitung Wishne über die aktuelle Situation in dieser Region, in der 2004 alles begann.
FGM in Garmyan
Wadi-Teams in der Region arbeiteten 2017 mit 1002 Frauen zusammen und ihrem Befund zufolge sind 35 % dieser Frauen verstümmelt. Die Anzahl ist so hoch, dass selbst Ärzte in den Gemeinden vor den körperlichen und psychischen Schäden von FGM warnen und Mullahs predigen, dass Genitalverstümmelung keine religiöse Pflicht sei.

Aufklärungsseminar über FGM in Garmyan
Wadi-Mitarbeiterin Layla Ahmed schreibt dazu: „Im Jahr 2017 besuchte unser Team die Bezirke, Unterbezirke und Dörfer in der Region Garmyan, um dort Seminare für insgesamt 1104 Männer und Frauen zu halten, die sich thematisch mit dem Kampf gegen FGM, häuslicher Gewalt und gewaltfreier Konfliktlösung befassten“. Sie berichtet zudem, dass es in Kurdistan mittlerweile 12 FGM-freie Dörfer gibt – 3 davon in der Region Garmyan. Dieser Erfolg sei vor allem den zahlreichen Aufklärungskampagnen zu verdanken.
Dr. Ahmed Hasan erklärt gegenüber der Lokalzeitung Wishne: „Frauen sind, im Gegensatz zu Männern, in der Lage, sexuelle Lust am ganzen Körper zu erfahren – vor allem über die Klitoris. Der Verlust der Klitoris bedeutet für Frauen eine Einschränkung ihres sexuellen Vergnügens.“
Der Mullah Hama Amin berichtet gegenüber Wishne zudem, dass Genitalverstümmelung keine religiöse Pflicht sei. Die Einschränkung bzw. der Verlust sexuellen Vergnügens sei im Islam nicht akzeptiert und werde als Unrecht gegenüber allen Geschlechtern erachtet.
Genitalverstümmelung bei Frauen wird weltweit praktiziert. Das Problem ist nicht zuletzt im Mittleren Osten nach wie vor akut. Unter dem Vorwand, Mädchen zu beschützen und die Würde der Frauen zu erhalten, wird die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen in eklatantester Weise verletzt. Wadi engagiert sich daher weiterhin im Kampf gegen FGM.