Sieben Dörfer haben den Anfang gemacht. In den meisten von ihnen wurden bisher 100% der Mädchen genital verstümmelt. Aber die Frauen haben sich dafür entschieden, dieser Praxis ein Ende zu setzen. Vor allem die jungen Frauen unterstützen die Entscheidung vorbehaltlos. Sie haben vorher viel über die negativen Auswirkungen von Genitalverstümmelung (FGM) erfahren und darüber diskutiert. Seitdem hat es in keinem der Dörfer mehr einen Fall von FGM gegeben.
Die Leute freuen sich über die „Anreize“ – die kleinen Projekte, die Wadi vergibt – aber ihre Entscheidung gegen FGM haben sie unabhängig davon getroffen. Sie kommt von Herzen. Jeder der Dorfältesten hat einen Vertrag unterzeichnet, in dem er stellvertretend für das Dorf versichert, die Praxis ein für alle Mal zu beenden. Am Eingang eines jeden Dorfes wurde ein Stop-FGM-Hinweisschild angebracht.
Genitalverstümmelung ist tief verwurzelt in der örtlichen Kultur – wie auch andere Formen von Gewalt gegen Frauen und Kinder. Die Mitarbeiterinnen von Wadi haben in den letzten Jahren viel Aufklärung betrieben und dabei erfahren, dass die Menschen prinzipiell bereit sind, solchen „Traditionen“ den Rücken zu kehren. Gebiete, die seit 2004, als Wadis mobile Teams erstmals von Genitalverstümmelung erfuhren, Ziel der intensiven Aufklärungskampagne waren, weisen heute eine stark rückläufige FGM-Rate auf.
Aber Wadi kann nicht überall sein; unsere Ressourcen sind begrenzt. Der Staat kommt seiner Verantwortung auf diesem Gebiet leider noch nicht nach. Was wir deshalb brauchen, sind Menschen, die andere Menschen inspirieren, um so eine Art Schneeballeffekt zu erzeugen: eine Bewegung.
Das Konzept der FGM-freien Dörfer wurde entwickelt, um für die Aufgabe von FGM zu werben und Vorbilder zu schaffen. Wir unterstützen diejenigen, die bereit sind für den Wandel, und wir bemühen uns, diesen Stimmen Gehör zu verschaffen, um so andere zu ermutigen, ihnen zu folgen. Dörfer, die sich dem Netzwerk anschließen, erhalten kleine Gemeinschaftsprojekte im Austausch für ihr klares, öffentliches Bekenntnis gegen FGM und andere Formen von Gewalt gegen Frauen und Kinder.
Die Dörfer können wählen, welche Projekte sie realisieren möchten. Ein Dorf entschied sich für einen Stromgenerator, ein anderes für ein großes Gemeinschaftszelt, und ein weiteres bekam provisorische Container-Klassenräume für die baufällige Grundschule, außerdem wurde der Schülertransport zur weiterführenden Schule im Nachbarort organisiert. Ein Beispiel ist das zu weltweiter Prominenz gekommene kleine kurdische Dorf Toutakhel. So schrieb im Oktober 2012 Reuters über dieses Dorf:
„In Tutakal, the donation of basic school services and a small classroom by a German-funded non-governmental organisation called WADI has helped convince residents to stop the practice. It is a promising model, activists involved in the campaign to stop FGM say, one they hope will spread to other Kurdish villages.“
Alle Dörfer erhalten auch Lehrgänge nach Wahl (Nähkurse, Computerkurse, Alphabetisierungkurse), die sich vor allem an Frauen und Jugendliche richten. Diese Kurse sind sinnvoll, machen Spaß und steigern das Selbstbewusstsein der Frauen.
Außerdem werden in allen Dörfern Erste-Hilfe-Kurse angeboten. Viele abgelegene Orte haben kein Krankenhaus und keine Notfallstation in Reichweite. Notfälle können oft nicht rechtzeitig behandelt werden. Manchmal geschehen Tragödien, wenn zum Beispiel ein Kind an einem Skorpionbiss stirbt, weil es nicht schnell genug zu einem Arzt gebracht werden konnte. Genau das ist erst kürzlich in einem der Dörfer geschehen.
Erste-Hilfe-Kurse leisten einen entscheidenden Beitrag zur Selbsthilfe in abgelegenen Regionen. Diese Kurse können Leben retten. Außerdem fördern sie das Gesundheitsbewusstsein und vermitteln grundlegende Kenntnisse über Ernährung, Arbeitssicherheit, Versorgung von Kindern und Älteren, etc.
WADIs Leistungen für die sieben FGM-freien Dörfer:
Toutakhel erhielt Container als provisorische Grundschulklassenräume. Ein Schulbus fährt die älteren Schüler zur weiterführenden Schule.
Gewsza erhielt einen Stromgenerator von Wadi. Die Dorfbewohner haben dafür einen Unterstand gebaut.
Sourabna und Qallasaida erhielten Zelte, in denen die Bewohner Feiern abhalten und die Kinder im Sommer vor der Sonne geschützt spielen können. Die Bewohner bauten dafür einen Schuppen als Winterschutz.
In Milqasm und Hasira wurden 100 Bäume gepflanzt, damit es im Sommer einige schattige Plätze gibt.
In Nouradin wird mit Hilfe der Bewohner ein Gemeindezentrum errichtet.