Fortschritte im Kampf gegen FGM in Kurdistan

Ein zweijähriges Wadi-Projekt hat Überlebenden weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) in Rania und Halabja geholfen, das Trauma zu verarbeiten und mit den Folgen besser zu leben.

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Bild: Kampagne gegen FGM in einem kurdischen Dorf

Wadis Teams haben mit einigem Stolz die Ergebnisse eines 24-monatigen Projekts zur Bekämpfung von FGM in Kurdistan bekanntgegeben. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit unseren lokalen Partnern NWE und ADWI durchgeführt.

Zu Beginn dieses Projekts, das Teil unseres langfristigen Kampfes gegen FGM in Kurdistan seit 2005 ist, hatten sich unsere Teams konkrete Ziele gesetzt:

Fokus auf Prävention und Unterstützung:

Das Projekt sollte FGM auf zwei Ebenen bekämpfen:

1. FGM-Prävention durch Aufklärung in Gebieten wie Rania und Halabja, und

2. Ausweitung unseres laufenden Programms „Leben mit FGM“, das Bewältigungsstrategien und psychosoziale Unterstützung für Überlebende bietet. Dieses Programm wird in Gegenden durchgeführt, in denen FGM nicht mehr oder kaum noch praktiziert wird. Zu den Aktivitäten gehörten Seminare, Selbsthilfegruppen und Sitzungen mit medizinischen Fachkräften. Zudem wurde ein professioneller Ratgeber zu bestmöglichen Therapieansätzen bei FGM-Betroffenen erstellt, gerichtet an Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen und anderes Fachpersonal.

Veränderung kultureller Normen: Ein wesentlicher Aspekt des Projekts war die Auseinandersetzung mit tief verwurzelten Klischees und Denkmustern, die dazu führen, dass Menschen FGM weiterhin rechtfertigen. In interaktiven Seminaren wurden Missverständnisse angesprochen, wie z.B. die Tatsache, dass unbeschnittene Frauen als „unrein“ angesehen werden. Auch die sich allmählich über die Generationen verändernden Ansichten über weibliche Sexualität waren ein Thema. In einer vertrauensvollen Atmosphäre waren offene Gespräche möglich, die es unter anderem auch erlaubten, die traditionelle Darstellung von FGM als religiöses Gebot in Frage zu stellen und als geschlechtsspezifische Gewalt zu erkennen.

Hunderte von Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben direkt von den verschiedenen Aspekten des Projekts profitiert, sei es durch die Sensibilisierung für die lang anhaltenden Schäden von FGM, durch mehr Informationen über ihren Körper und die Gesundheit von Frauen oder durch mehr Informationen und ein gesteigertes Bewusstsein über ihre gesetzlichen Rechte als Frauen und ihre grundlegenden Menschenrechte. Durch die Medienresonanz und die unermüdliche Arbeit unserer Teams wurde FGM wieder zu einem Thema, über das in den lokalen Communities, im Radio und in Fernsehsendungen offen diskutiert wurde. Die offene Kommunikation über Genitalverstümmelung war immer schon ein wirkungsvolles Instrument und ist unglaublich wichtig, um eine Dynamik für einen echten sozialen Wandel zu schaffen.

K.H., 32, sagte: „Ich habe eine 11-jährige Tochter. Ich glaube, sie hat ihre Periode bekommen, aber sie will es mir nicht sagen, und ich sage nichts, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Jedes Monatsende sind sie und ihre Schwester aufgeregt und gestresst, also denke ich, dass es daran liegt. Diese Broschüren über die Pubertät sind sehr gut. Ich werde sie ihnen geben.“ (Ein Auszug aus den Interviews mit den Teilnehmerinnen)

Das Projekt brachte auch Gynäkologen und Frauengesundheitsschwestern in abgelegene Dörfer, in denen der Zugang zu Gesundheitsversorgung schwierig oder sehr dürftig ist. Damit stärkte das Projekt die Zusammenarbeit mit Gesundheitsdienstleistern im Bereich FGM.

Das Projekt arbeitete am Aufbau eines aktiven Netzwerks von kompetenten Akteuren, die sich für die Beendigung von FGM einsetzen. Wir konnten außerdem in den Aufbau von Kapazitäten investieren, indem wir Wadi-Teammitglieder fortbildeten, die anschließend Schulungen für relevante Akteure (Krankenschwestern, Ärzte, Sozialarbeiter/innen etc.) durchführten. Diese Personengruppen könnten in ihrem Arbeitsalltag mit FGM-Überlebenden oder Frauen, die FGM weiterhin an ihren Töchtern praktizieren wollen, in Kontakt kommen und zukünftig besser helfen.

Dieser Multiplikatoransatz wirkt nachhaltig und ist notwendig, um langfristige Veränderungen zu erreichen.

Z.A., eine 35-jährige Frau, erzählt, was sich durch das Gesetz zum Verbot von FGM geändert hat: „Seit wir wissen, dass FGM illegal ist, haben wir aufgehört, das zu praktizieren. Ich hatte eine Freundin, die in den 2000er Jahren Krankenschwester war, und sie hat uns gesagt, dass FGM in unserer Religion nicht vorkommt. Ich habe sogar einen Mullah gefragt, und er hat es bestätigt, und das war vor 15 Jahren. Seitdem wird FGM in unserem Dorf nicht mehr öffentlich praktiziert. Selbst wenn es Leute heimlich machen, haben sie Angst, es öffentlich zu sagen, wegen des Gesetzes.“ (Ein Auszug aus Interviews mit Teilnehmerinnen)

Einige Highlights der letzten zwei Jahre:

Verbreitung von Informationen: Wir haben Seminare, Selbsthilfegruppen und Workshops mit medizinischen Fachkräften veranstaltet. Außerdem haben wir eine Broschüre mit bewährten Verfahren für Fachkräfte erstellt und an verschiedenen Schulungen teilgenommen, um Kapazitäten bei den Mitarbeiterinnen aufzubauen.

Arbeit mit Männern: Wir haben Seminare mit Männern abgehalten, um die Probleme zu verstehen, mit denen Männer in der Gesellschaft und in ihrem lokalen Umfeld konfrontiert sind. Ziel war es, die jungen Männer als Verbündete für den sozialen Wandel in Bezug auf FGM und Frauenrechte zu gewinnen.

Medienkompetenz: Wir arbeiteten mit lokalen Medien wie Radio und Fernsehen zusammen, um das Thema FGM ins Gespräch zu bringen und Menschen vorzustellen, die sich für die Beendigung der Praxis einsetzen. Durch diese verstärkte Medienberichterstattung konnte Wadi weite Bevölkerungskreise erreichen und erklären, warum die vollständige Abschaffung von FGM so dringlich ist.sayio-bak

Kultursensibler Ansatz: Wir haben gezielte Argumentationsstrategien und Seminare für verschiedene Regionen entwickelt und dabei deren besondere Bedürfnisse und Wertvorstelllungen berücksichtigt. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Wadi-Ansatzes: Wir arbeiten mit den Menschen zusammen und schreiben ihnen nicht vor, wie sie ihr Leben zu gestalten haben. Jedes Gebiet, jedes Dorf und jede Gemeinschaft hat eigene Bedürfnisse und Gründe für die Beibehaltung der Praxis. Unsere Aufgabe ist es, ihnen zu helfen, neue Wege zu finden, um ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln und gleichzeitig FGM hinter sich zu lassen.

Brücken bauen: Wir haben die Zusammenarbeit mit lokalen medizinischen Fachkräften, Nichtregierungsorganisationen und Gemeindegruppen gefördert. Wir ermöglichten auch den Austausch mit anderen Experten aus dem Nahen Osten, die sich für die Beendigung von FGM einsetzen. Die Zusammenarbeit innerhalb des Südens war äußerst wertvoll, und dieser Wissensaustausch war eine der Hauptstärken des Wadi-Ansatzes.

Lokale Akteure schulen: Wir haben Schulungen („Train the Trainers“) für Hebammen, Gynäkologen und andere durchgeführt, damit sie umfänglich informiert sind, um FGM-betroffenen Frauen bestmöglich zu helfen.

Digitale Ressourcen: Wir haben digitale Materialien erstellt, die Frauengesundheitsthemen für Selbsthilfegruppen kultursensibel und doch umfänglich erklären.

Sichere Räume und Unterstützung: Wir haben für betroffene Frauen und Männer sichere Räume mit geschulten Moderatorinnen geschaffen, in denen sie sich in Gruppentherapiesitzungen einbringen können.

Dieses Projekt hat eine enorme Wirkung erzielt: FGM in Kurdistan ist wieder in aller Munde, die Menschen setzen sich mit dem Thema auseinander und es wieder neue Motivation zu spüren, die Praxis zu bekämpfen und Frauengesundheit und Frauenrechte wieder zu einer brennenden Angelegenheit zu machen!

In diesem langen Kampf gegen FGM ist uns klar, dass das Interesse über die Jahre nicht gleichbleibend ist. Wir werden aber in unseren Bemühungen nicht nachlassen, das Thema immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen und auf positive Veränderungen zu drängen.

#EndFGM #Kurdistan #WomensHealth

Wir möchten dem Generalkonsulat des Königreichs der Niederlande für die Unterstützung dieses Projekts danken.