Newsletter April 2017

Wadi-Newsletter April 2017 (Download PDF):

„Liebe Freundinnen und Unterstützer von Wadi,

wie immer sind die erwähnenswerten Geschehnisse, die sich zwischen dem letzten Rundbrief und heute im Nahen Osten ereignet haben, zu einem überwiegenden Anteil kaum für erbauliche Neuigkeiten geeignet.

Die Kämpfe um den Westen Mosuls werden in diesem Moment, wenn auch recht erfolgreich, gewohnheitsmäßig grausam auf dem Rücken der Zivilisten ausgetragen. Einmal mher zahlen Zivilisten den Preis, egal ob sie in der Stadt ausharren müssen oder ins benachbarte Irakisch-Kurdistan fliehen, nur um unterversorgt in einem der unzähligen Flüchtlingslager zu stranden.

Am Dienstag, den 4. April, wie Ihnen sicher nicht entgangen ist, hat das syrische Regime, mit einem erneuten Giftgasangriff, in der Nähe von Idlib wieder einen beachtlichen Teil der eigenen Bevölkerung verletzt und mindestens 72 Menschen getötet. Unsere Partnerorganisation NWE hat daraufhin eine spontane Protest- und Solidaritätskundgebung in Stadt Halabja mitorganisiert, in der 1988 über 5000 Menschen durch das Giftgas der damaligen Saddam-Regierung ums Leben kamen. Dass die grausame Tat weitergehende Konsequenzen haben wird, ist, erfahrungsgemäß, leider sehr unwahrscheinlich.

Dass Entwicklungszusammenarbeit in der Region von all diesen äußeren Faktoren unabhängig sein könnte, ist eine naive Fantasie. Um das Bestehen und die Möglichkeiten Wadis selbst jedoch stand es in der Vergangenheit schon einmal schlechter und nicht zuletzt unseren privaten Spendern und Unterstützern aus dem deutschsprachigen Raum, haben wir dafür zu danken. Unsere laufende Arbeit ist aller Voraussicht nach noch bis Ende dieses Jahres gedeckt, was eine wirklich immense Erleichterung für uns bedeutet.

Weltfrauentag und Unternehmerinnen im Nordirak

Rund um den Globus wurde auch in diesem Jahr der Internationale Frauentag am 8. März zum Anlass genommen, darauf aufmerksam zu machen, dass in Teilen dieser Welt noch mindestens 364 Tage des Jahres keine Geschlechtergerechtigkeit herrscht. Da man ihn in dieser Funktion als wichtig erachten muss, haben sich diesjährig auch in Irakisch-Kurdistan wieder viele Frauen und Organisationen eingebracht. Uns war es dieses Mal ein Anliegen, Frauen in ihrer ökonomischen und damit persönlichen Selbstständigkeit zu unterstützen. Das Wadi-Team in der Region Garmyan etwa, zeichnete ortsansässige Frauen aus, die ihre eigene Produkte herstellen und verkaufen. In Sulemaniah war Wadi direkt an zwei Events mit diesem Schwerpunkt beteiligt. Mehr auf unserer Homepage hier.

Auch unsere unserer Partner in Halabja haben den Tag begangen: Gemeinsam mit der örtlichen Universität organisierte NWE Organization über Gewalt gegen Frauen. NWE stellte neue Projekte vor. Unter anderem ist geplant, dass das Radio dieses Jahr bis zu fünfzig Frauen und Mädchen, sowohl Flüchtlinge als auch einheimische Kurdinnen von vor Ort zu Journalistinnen ausbilden wird.

Frauen, Binnenflüchtlinge und Gefangene – Access to Justice

Im Rahmen eines neuen von der EU geförderten Programms setzen wir uns verstärkt auch für Frauen ein, die Opfer von häuslicher Gewalt und Gewalt im Namen der Ehre sind. Zu den anderen Personengruppen, die wir schon rein juristisch als besonders vernachlässigt und hilfsbedürftig begreifen, gehören überdies Gefängnisinsassen und seit einiger Zeit auch Binnenflüchtlinge. Die Menschen in Gefängnissen leiden an Folter, Isolation und begrenzten Möglichkeiten, je einen weiteren, gerechten Prozess zu bekommen. Diese irakischen Binnenvertriebenen haben einen unklaren Status, der auch zu mangelnder Fürsorge führt, und sind darüber kaum informiert. So unterschiedlich diese Personengruppen und ihre jeweiligen Probleme sein mögen, haben sie doch gemein, dass rechtliche Änderungen, in Verbindung mit einer medienwirksamen Diskussion, an einigen dieser Versäumnisse etwas ändern könnten.

Zusammen mit Jiyan, WoLA, PANA, NWE und Jinda und Geldern der Europäischen Kommission betreiben wir dahingehend neuerdings Lobbyarbeit und fördern außerdem die Berichterstattung.

Flucht vor dem Islamischen Staat – Ankommen bei Jinda

Als eine ganz besondere Ehre empfanden wir es im Februar von dem Baba Sheik eine Urkunde zu erhalten, in der uns das geistige Oberhaupt der Yeziden für die Arbeit für yezidische Mädchen und Frauen dankte, die aus den Händen des Islamischen Staates zurückkehren konnten und von Wadi und unserem Partner Jinda betreut werden.

Über das Jinda Center, das diesen Mädchen und Frauen einen Schutzraum, Trost und psychologische, sowie materielle Unterstützung bietet, konnte man sich auch am 9. März bei einem Podium in Berlin-Kreuzberg informieren. Unter anderem für eine Veranstaltung in Berlin, die moderiert wurde von Hannah Wettig, und eine ganze Reihe von weiteren Vorträgen in Deutschland konnten wir unsere Mitarbeiterinnen Suzan Fahimi und Sarah Hassan aus Dahouk eingeladen. Hier wurden auch Ausschnitte aus einem Film gezeigt, der die Wiederkehr einer Frau dokumentiert, die im vergangenen Jahr mit Ihrer Hilfe freigekauft werden konnte.

Suzan Fahimi gehört zu den Frauen, die uns schon beim Aufbau der mittlerweile eigenständigen NGO Jinda behilflich waren, und ist seither mit großem Einsatz dabei. Die Yezidin Sarah Hassan ist heute zuständig für die Erstbetreuung aller IS-Geflohenen und hatte sich damals um Mitarbeit beworben, nachdem sie selbst im Jinda-Zentrum zurück ins Leben geholt werden konnte, wie sie es nennt.

Schon heute wurden von Jinda mehrere hundert junge Frauen betreut und mit den meisten von ihnen besteht weiterhin Kontakt.

A mile in their shoes in Celle

Wer es schlechter erträgt, diese Geschichten akustisch aufzunehmen, hatte vergangenen Monat die Gelegenheit, in Celle stattdessen eine multimediale Ausstellung zu besuchen, die das Schicksal yezidischer Mädchen dokumentiert. „A mile in their shoes“ von Siemon Scamell-Katz wurde, organisiert vom Lions Club Residenzstadt Celle in Kooperation mit Wadi von dem 8. bis zum 22. März, unter der Schirmherrschaft von Doris Schröder-Köpf, erstmals in Deutschland gezeigt. Die Stadt Celle beheimatet die größte yezidische Gemeinde Deutschlands.
Bei der Eröffnung am 7. hat abermals Sarah Hassan als Vertreterin von Jinda gesprochen. Neben ihr und einigen weiteren Beteiligten hielt auch der Oberbürgermeister der Stadt Celle Jörg Nigge eine Rede: „Meine Damen und Herren, mit dieser Ausstellung wird unbegreifliches der Öffentlichkeit nahe gebracht.“ Die Veranstaltung fiel erwartungsgemäß emotional aus und war reichlich besucht.

Wir bitten Sie ganz herzlich, unsere Arbeit auch weiterhin solidarisch mit Ihrer Spende zu unterstützen.

Mit den besten Grüßen

Mercedes Nabert

Öffentlichkeitsarbeit“