„Grüne Stadt Halabja“: Für eine bessere Zukunft

Durch die Dringlichkeit des Klimawandels ist in Halabja ein neues Projekt entstanden, das durch das Anlegen von öffentlichen Parks und Grundflächen, das Pflanzen von Bäumen und Blumen, Recycling und eine enge Zusammenarbeit der Gemeinde versucht, die Umwelt zu schützen und einen positiven Einfluss auf das Leben vor Ort zu nehmen. Halabja hofft darauf, die erste irakische Stadt zu sein, die „frei von Plastiktüten“ ist, um so zu zeigen, wie kleine Veränderungen Großes bewirken können.

Die Temperaturen in Irakisch-Kurdistan während des Sommers 2018 brachen alle Rekorde. Durch die unmittelbaren Folgen der Hitze wurden Themen wie Klimawandel und Umweltaktivismus zum Hauptanliegen der Menschen in Halabja – und zwar in einer Stadt, die durch den Einsatz von chemischen Waffen und Bomben durch Saddam Hussein während seiner Kampagne gegen die kurdische Bevölkerung 1988 erheblichen menschlichen sowie ökologischen Schaden davon getragen hat. Die Anzahl der Toten und Verletzten wird auf 3.200 bis 5.000 Menschen geschätzt und die Gewalt und Brutalität von Chemiewaffen hat in der Region, auch noch 30 Jahre später, ihre Wunden hinterlassen.

Inzwischen hat sich aus diesem vor mehreren Jahren begonnen Projekt eine neue Umweltkampagne entwicklet: #KeepKurdistanGreen. Dazu mehr hier

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Ein weiteres Projekt, das durch die Folgen des Klimawandels entstanden ist, um die Umwelt in Halabja zu schützen, wurde von unserem langjährigen Partner NWE 2012 ins Leben gerufen: Der Schwerpunkt des Projektes ist die Verbesserung der Umwelt, indem ihre Schönheit hervorgehoben und unterstrichen wird. Zudem werden regionale Produkte verkauft und unterstützt. Unter dem Namen „Grüne Stadt Halabja“ startet das Projekt, dessen Logo selbstredend ist: Aus der Hülse einer chemischen Bombe entspringt ein Baum als hoffnungsvolles Symbol für ein besseres Leben mit einer gewalttätigen Vergangenheit.

Die Idee hinter der „Grünen Stadt Halabja“ ist einfach ausgedrückt: Wenn du deine Umwelt schlecht behandelst, indem du deinen Abfall auf die Straße wirfst, Grünflächen zerstörst und die Umwelt verschmutzt, dann fällt das alles auf dich und deine Mitmenschen zurück. Wenn du jedoch öffentliche Parks und Grünflächen erschaffst und pflegst, Bäume und Pflanzen säst, deinen Müll recycelst und in einer Gemeinschaft zusammen arbeitest, dann wird dies einen unmittelbaren, positiven Effekt auf deine Community haben.

Einfache Ideen mit großer Auswirkung: Das ist der Kern der „Grüne Stadt Halabja“-Kampagne. Der erste Schritt unter diesem Motto ist die Arbeit an einem vollständigen Ersatz von Einweg-Plastiktüten hin zu wiederverwendbaren Baumwolltaschen. Städte und Länder auf der ganzen Welt haben diesen Schritt bereits verwirklicht, um sofort ihren Plastikverbrauch zu verringern und Halabja hofft darauf, die erste Stadt im Irak zu sein, die „plastiktütenfrei“ ist.

Hero Wakeel – Chefin von NWE – zeigt die wiederverwendbare Baumwolltasche, die die Plastiktüte ersetzen soll.

Energieverbrauch und Abfallproduktion sind weitere Themen, denen man sich widmet. Viele Haushalte benutzen Diesel-Generatoren, um Strom zu generieren – gleichzeitig gibt es kein Bewusstsein davon, die wertvollen Ölreserven im Irak zu schützen. Zudem ist ein hoher Ölverbrauch, auch dort, wo es sehr billig ist, immer noch extrem umweltverschmutzend und nur temporär möglich – da auch die letzte Ölquelle einmal versiegt. Die Menschen beginnen langsam zu begreifen, welche negativen Auswirkungen Plastikmüll, nicht recycelter Abfall und private Müllverbrennungen auf ihr Leben haben. Indem ihnen einfache Tipps an die Hand gegeben werden, wie sie ihren privaten Strom- und Plastikverbrauch reduzieren und bewusster mit ihrem Konsum und dem daraus resultierenden Müll umgehen (Plastikflaschen sind hier ein passendes Beispiel), sollen ihr Verhalten sowie ihre Gewohnheiten nachhaltig verändert werden.

„Grüne Stadt Halabja“ hätte eine Vorbildfunktion für andere Städte in Irakisch Kurdistan und dem Irak. Verschmutzung, Klimawandel und verschwenderischer Stromverbrauch sind Angelegenheiten, die jeden betreffen. Deswegen sollten viele weitere Städte Halabja folgen und als Gemeinschaft den Schutz von Gesundheit und Umwelt an erste Stelle setzen.

„Jedes Jahr säubern wir den am meisten verschmutzen Ort, direkt an den Wasserfällen, wo die meisten Picknicke stattfinden. In der Stadt gibt es Müllsammler, aber in der Natur, wo die Menschen wandern und picknicken, da kümmert sich niemand um den liegengebliebenen Müll. Wir stellen Mülleimer an hoch frequentierten Stellen auf und leeren diese regelmäßig. Wenn Menschen uns dabei zusehen, wie wir mit Hilfe von Freiwilligen sauber machen, fühlen sich viele inspiriert und versuchen unserem Vorbild zu folgen. Wir verbreiten diese Aktivitäten durch unser Organisationsnetzwerk oder Social Media.“Sarah Salam, verantwortlich für Umweltprojekte von NWE.

Bäume zu pflanzen und öffentliche Parks zu schaffen ist wahrscheinlich die sichtbarste Art und Weise, um Menschen davon zu überzeugen, dass ihre Umwelt einen direkten Einfluss auf ihre Zufriedenheit hat. Im März 2018 hat NWE einen Park in Erinnerung an die Opfer der Chemiewaffenangriffe in Halabja und in Ghouta (Syrien) angelegt. Unter dem Motto „Pflanzen für den Frieden“ wurde bei der Gedenkfeier dazu aufgerufen, „einen Baum für Halabja und einen Baum für Ghouta“ zu pflanzen. Die Absicht war dabei nicht, ein quälendes Denkmal zu errichten, sondern einen lebendigen Ort, an dem die Menschen sich aufhalten und reflektieren können. Das Pflanzen von Bäumen symbolisiert dabei das Leben, die Hoffnung und die Bekenntnis zu Frieden als Reaktion auf Gewalt. Dieser Park ist das erste Stück Land, das sowohl für die Menschen als auch von den Menschen ist. Ein solches Projekt zeigt die Macht von Eigeninitiative und Selbstorganisation und hat einen großen Einfluss auf das Verständnis der Menschen von gemeinschaftlicher Organisation und lokaler Demokratie. Die Stadtverwaltung hat der Weiterführung dieses Projektes bereits seine Unterstützung ausgesprochen.

„Pflanzen für den Frieden“-Gedenkfeier und Parkeröffnung, März 2018

Dieses Projekt steht darüber hinaus im Zusammenhang mit der „No to Violence“-Kampagne von Wadi, die sich dafür einsetzt, Gewalt gegen Kinder in Schulen und privaten Haushalten zu beenden. Das Reden über Gewalt an Menschen und Gewalt an unserer Umwelt, und darüber, wie das kulturelle und gesellschaftliche Verständnis von Gewalt verändert werden kann und inwiefern dies sowohl jeden Einzelnen als auch ganze Gemeinschaften betrifft, ist ein großer Schritt in Richtung nachhaltiger Veränderungen.

Wir haben ein sehr schönes und unterhaltsames Projekt, in dem wir einmal im Monat Frauen für einen ganzen Tag mit in die Berge nehmen, um wandern gehen, die Schönheit des Umlandes zu entdecken, frische Luft zu atmen, sich zu bewegen und seine Gesundheit zu verbessern. Frauen ist es normalerweise nicht erlaubt, alleine in der Natur zu sein – deswegen ist das ein sehr tolles Projekt!“Sarah Salam

Der Oktober 2018 ist der erste „Aktionsmonat“ für das Projekt „Grüne Stadt Halabja“. NWE plant mit Unterstützung von Wadi Folgendes:
• Eine Konferenz, um die Initiative zu starten und ihre Ideen einem breiten Publikum und der Presse zu präsentieren
• Regelmäßige Beiträge im lokalen Radiosender „Radio Dangue NWE“
• Freiwillige Aufräumteams an sichtbaren Orten in Halabja
• Arbeiten am und im Park

Die nächsten Schritte

In der Umgebung Halabjas gibt es ziemlich viele wunderschöne Berge. Davon ist jedoch kein einziger mit ordnungsgemäßen Wanderwegen ausgestattet. Die Organisation NWE möchte einige Wege markieren und das Wandern sowohl für Ortsansässige als auch für internationale Touristen attraktiv machen. Während der Wanderung soll es für Besucher und Besucherinnen außerdem möglich sein, lokale Waren wie Honig oder traditionelle Handwerksprodukte zu erwerben. Dies soll langfristig für die Finanzierung von Kooperativen sorgen, die lokale Wirtschaft stärken sowie zu einer Unabhängigkeit von Spendengeldern führen. NWE organisiert bereits eine monatliche Wanderung für Frauen und das zukünftige Wanderprojekt soll ebenfalls die Teilnahme von Frauen am öffentlichen Leben unterstützen.

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